3. November 2022
Games Lift: Elin Meinecke sät Vielfalt
Das Team hinter dem Farm-Sim-Rollenspiel Evergreen Garden besteht aus einer Person: Elin Meinecke ist für Art und Game Design ihres Projektes allein verantwortlich. Sie bringt einen Studienabschluss in Illustration mit. Und eine kreative Vision aus dem Garten.

Bevor Elin antwortet, denkt sie in Ruhe nach. „Gut geht es!“, urteilt sie dann über die vergangenen Wochen. Gut überlegt war auch Elin Meineckes Bewerbung beim Games Lift Inkubator. Sie habe viel gelernt, freut sich Elin. Dabei hebt sie nicht nur das volle Programm der ersten Wochen hervor, sondern besonders das Feedback der anderen Teams.
Der enge Zeitplan hilft Elin, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Für ihr Projekt im Inkubator ist das vor allem die „Mechanik“ des Gärtnerns. Garten- und Ackerbau im Gaming sind seit Jahrzehnten beliebt. Auch die Spielmechanismen haben Tradition und ähneln einander: Pflügen, Säen, Gießen, Ernten. Doch die Wirklichkeit wird dabei auf eine unglückliche Weise vereinfacht: Wechselwirkungen der Pflanzen miteinander und mit ihrer Umwelt tauchen kaum auf. Auch deswegen landen viele Spiele bei nur einer wirklich effektiven Taktik – dem Aufbau großer Monokulturen.
Elin hat eine andere Erfahrung gemacht. Aufgewachsen ist sie in der Lüneburger Heide. Nebenan wohnte die Großmutter und Elin war „immer im Garten“.

Worum es im Garten geht
Das klingt nach schönen Naturerlebnissen. Aber hier hat Elin auch gelernt, „was das Gärtnern ausmacht.“ Es gebe zahlreiche Herausforderungen, Pflanzen könnten krank werden, Tiere wie Schnecken könnten alles aufessen. „Aber sie gehören mit zur Umwelt.“, erklärt Elin. Schön findet sie die Erfahrung, „mit der Natur und nicht gegen die Natur“ zu gärtnern. Robuster und widerstandsfähiger ist ein Garten mit vielfältigen Pflanzen, die verschiedene Tiere und Insekten anlocken.
Elin hat an der HAW Hamburg Illustration studiert, sich aber auch immer für Games begeistert. Harvest Moon kennt sie seit dem Super Nintendo. Die kreative Idee zu Evergreen Garden kam ihr während der Studienzeit. Blattläuse hatten eine Rose in ihrem Garten befallen. Nach dem ersten Ärger erkannte sie eine interessante Herausforderung: „Das könnte man in ein Spiel einbauen!“ Blattläuse lassen sich nicht nur mit Schädlingsmitteln bekämpfen, sondern auch mit Marienkäferlarven. Und die lassen sich von Ringelblumen anlocken.

In Evergreen Garden werden Spieler*innen „belohnt, wenn sie viele verschiedene Pflanzen anbauen“, erklärt Elin. Dabei sollten sie gut bedenken, wer neben wem steht und welchen Einfluss ausübt. „Je vielfältiger du anbaust, desto vielfältiger wird die Spielwelt.“, fasst Elin ihre Vision zusammen.
Ein gemaltes Spiel
Auf den ersten Blick fällt an Evergreen Garden aber nicht die Philosophie ins Auge, sondern der bemerkenswerte Zeichenstil. Farbenfroh, leicht lesbar und idyllisch wirkt das Spiel schon in den frühen Entwürfen. Elin malt alle Grafik-Elemente ihres Spiels analog, mit Acrylfarbe auf Papier. Dass sie dabei deckend malt, ohne Undo-Funktion, ist für sie „das eigentlich Spannende“. Und wie sie malen muss, damit sich Bestandteile in einem Spiel modular zusammensetzen, verschieben und umarrangieren lassen, hat sie in Studienprojekten gelernt.

Elin will aber nicht alles allein stemmen. „Dass man als Team viel mehr schafft“, hat sie ebenfalls während des Studiums verinnerlicht. Ein Programmierer ist nicht im Inkubator-Team, aber sehr wohl bereits am Projekt beteiligt – Elin kennt ihn „schon aus der Sandkiste“. Aber viele Aspekte des Spiels, soziale Kontakte im Dorf, andere Aktivitäten kommen später – und damit wahrscheinlich auch weitere Teammitglieder.
Elin zeichnet ein klares Bild ihrer Prioritäten. Ein erster spielbarer Prototyp soll die Farmmechanik in Aktion zeigen, und das schon zum Graduation Pitch am 1. Dezember. „Ich bin ganz gut dabei“, urteilt Elin. Sie müsse bei ihrem Plan bleiben, könne sich gerade bei der Arbeit an Illustrationen „keinen Perfektionismus“ erlauben. Im aktuellen Stand des Projekts sei die Grafik schließlich noch nicht wichtig.
Das mag stimmen. Umso beeindruckender ist aber jetzt schon die Lebendigkeit, die in jeder Illustration des Spiels steckt. Auch, wenn es noch dauern dürfte, bis der Evergreen Garden blüht – hier wächst offensichtlich etwas Besonderes.
Dieser Artikel ist Teil unserer Reihe Games Lift Log, in der wir hinter die Kulissen unseres Games Lift Inkubators blicken und die diesjähringen Inkubator-Teams begleiten.