1. November 2024
Games Lift: Tales from the Garden bringen Tinte zum Blühen
Manche Spiele funktionieren ohne Worte. „Garden Ink“ wirkt ab der ersten Pflanze verspielt und freundlich. Doch hinter dem entspannten Erlebnis steckt viel Arbeit – und eine klare Vision.
„Garden Ink“ ist ein Spiel wie eine Einladung. Anfangs erstrahlt die Spielwelt weiß wie ein Blatt. Langsam und raschelnd kann sie wachgeklickt werden. Durch Ausprobieren und Zuschauen erschließen sich einfache Mechanismen. Mit jedem Klick kann eine neue Pflanze entstehen oder wachsen. Mal klopft der Mauszeiger auf einem Blätterhaufen herum, dann dirigiert er die kleinen Bewohner des Bildschirmgartens. Die Idee dahinter ist so einfach und einleuchtend, wie sie aussieht: Einen Garten erkunden, wachsen und blühen lassen.
Jede der Figuren in diesem Cozy Game ist handgemalt. Von den kleinen Geschöpfen bis zum majestätischen Baum stammen sie alle von Sven Mehlhorn, ausgebildeter Grafikdesigner und Student für visuelle Kommunikation in Kassel. Auch der Code stammt von ihm. Und die Musik hat er ebenfalls selbst eingespielt. Doch wenn er gefragt wird, wann „Garden Ink“ fertig ist, dann tritt er auf die Bremse. „Wir haben jetzt erstmal einen ersten Prototypen.“ Viel hat sich an dem Spiel schon getan, doch der Großteil der Arbeit kommt noch.
Über Umwege nach Hamburg
Dass Sven seine Aufgaben und den Stand des Projekts nüchtern und realistisch einschätzen kann, liegt nicht nur an der Beratung nach zwei Monaten im Games Lift Inkubator. Sven arbeitet in Hamburg allein, doch er hat Hilfe – sein Freund und Kollege Arne Jürgens sitzt im Home-Office, in Heilbronn. Er hat Software Engineering studiert, besitzt Erfahrung in verschiedenen Berufsfeldern und steckt jetzt all seine Energie in den Code von „Garden Ink“: „Wir bauen unsere eigene Gedankenburg auf.“
Auch Sven stammt aus der Gegend von Heilbronn, aber angefreundet haben die beiden sich auf einem Minecraft-Server während der Corona-Pandemie. Hier haben sie „spätabends über Gott und die Welt philosophiert, während wir japanische Schlösser gebaut haben“, erzählt Sven lachend. Das Spiel sei auch eine Inspiration für „Garden Ink“. Auch dort gebe es eine leere Welt mit bestimmten Vorgaben, in der Menschen dann „ihr eigenes Ding machen“ könnten, sagt Sven.
Wenn Arne über Garden Ink redet, dann klingt eine kritische und differenzierte Sicht durch. Er kennt Svens Projekt seit dem allerersten Playtest und war schnell begeistert von den „vielen kleinen süßen Events“, die Spaß gemacht hätten. Doch ihm seien auch „Wartepausen“ aufgefallen, in denen es nicht viel zu tun gebe. Zwischendurch sei der Faden verloren gegangen. Arne hat unter anderem das Ziel eingebracht, dass Spielende in „Garden Ink“ immer Kontrolle haben sollen, immer etwas tun können.
Das Projekt ist noch jung, doch im Design steckt bereits viel Arbeit. Ausprobiert und gestrichen wurde etwa eine Tower-Defense-Phase. Der Fokus soll auf kreativer Entfaltung liegen, nicht auf Konflikt. Neu hinzugekommen ist dafür die Möglichkeit, Elemente zu kolorieren. „Dinge entdecken“ und „eine eigene kleine Welt gestalten“, das sei am Ende das Ziel, sagt Sven.
Die Zukunft des Gartenbaus
Die Kollegen bringen unterschiedliche Qualifikationen mit. Doch die Arbeit an „Garden Ink“ profitiert davon, dass beide auf mehreren Feldern aktiv sind. Sven bringt die „audiovisuelle Vision“ mit, hört aber auf den kritischen Input seines Freundes. Arne ist für erhebliche Teile des Codes verantwortlich, aber auch Svens Arbeit besteht aktuell zu geschätzten 80 Prozent aus Programmierung.
Die Ziele bleiben ehrgeizig. Sven und Arne wollen noch in den nächsten Monaten eine Vertical Slice entwickeln, wollen 10 bis 15 Minuten Gameplay einfangen, die dem Endprodukt möglichst nahekommen. Auf diesem Muster sollen die nächsten Schritte aufbauen. Doch erst einmal entdeckt Sven im Inkubator die positiven Seiten Hamburgs. Es sei „cool, hier zu arbeiten“, gibt er grinsend zu. Hier würden einem „viele Connections“ und Potenzial „vor die Füße gelegt“. Zumindest für die nächsten Monate will er das noch mit beiden Händen schöpfen. Und wo der Garten dann weiter wächst, muss die Zukunft zeigen.